[The Road to Hallelujah] Kapitel 1 – 1.3 Sarah

Sarah

5 Wochen vor dem Abflug

Die Schüler der Handelsakademie Stockerau stürmten nach dem letzten Glockenläuten hinaus aus den Klassen, hinein in das verdiente Wochenende. Auch ich ließ mich mit meinen Schulkollegen mittragen, die durch die Gänge und die Tür hinausströmten wie das Wasser eines gebrochenen Staudamms. Ein Freitagnachmittag, an dem man Pläne für das Wochenende schmieden und Zeit finden sollte, um sich kurz zu entspannen. Doch ich konnte nicht loslassen – nur noch drei Wochen, dann standen die Prüfungen an. Aber das alleine war es nicht. Ich war schon den ganzen Tag nervös und verspürte ständig ein ungutes Kribbeln im Körper. Eine Unruhe, die ich mir nicht erklären, aber auch nicht abstellen konnte.
Eine Stimme rechts von mir ließ mich herumfahren und ich entdeckte Mario mit zwei anderen Typen aus unserer Abschlussklasse. Sie lachten und unterhielten sich aufgeregt, wie ich an ihren wild fuchtelten Armen erkennen konnte. Dann stellte sich Claudia zu ihnen und ich musste mit ansehen, wie sie schamlos mit meinem Ex-Freund flirtete. Noch vor vier Monaten hätte mir diese Szene den Boden unter den Füßen weggerissen. Damals, als Mario von einem Tag auf den anderen gemeint hatte, er wollte seine Jugend genießen und sich auch mit anderen treffen. Und das, nachdem wir fast ein Jahr lang ein Paar gewesen waren. Bis dahin hatte ich gedacht, wir wären glücklich gewesen – und hatte ihm sogar meine Jungfräulichkeit geschenkt.
Ich Idiotin. Lächerlich, wie sehr ich mich in ihm und uns getäuscht hatte, aber das musste ich wohl unter der Kategorie Naivität der Jugend oder Fehler, aus denen man lernt verbuchen. Wie hatte ich nur so dumm sein können zu denken, ich würde ihm reichen und könnte ihn ändern? Mit seinem hübschen, von blonden Haaren umrandeten Gesicht und dem dazu passenden, gut gebauten Körper war er schon immer ein Frauenheld gewesen. Ein typischer Fußballspieler in der Position des Stürmers. Mit einem riesigen Selbstvertrauen, zu vielen Frauen, die ihn anhimmelten, und einer großen Klappe, die ich damals als unbezahlbaren Charme empfunden hatte. Außerdem hatte ich, nachdem er Schluss gemacht hatte, die anderen tuscheln gehört, dass er sich bereits in unserer gemeinsamen Zeit mit anderen getroffen hatte. Doch das war nun Geschichte und ich hatte daraus gelernt: Nie wieder würde ich wegen so einem falschen Aas Tränen vergießen. Was ich brauchte, war ein anständiger Junge mit Herz, Treue und Respekt gegenüber Frauen – nicht so einen oberflächlichen Schönling. Nach unserer Beziehung hatte ich mir geschworen, mich nie wieder mit solchen Typen einzulassen. Daran würde ich festhalten, komme was wolle.
Kopfschüttelnd wandte ich mich ab, genau als Bianca die Stufen hinuntersauste und sich grinsend bei mir einhakte. Schlitternd kam sie zum Stehen, während ihre langen goldblonden Haare vor und zurück wippten. Sie musste Mario und Claudia auch gesehen haben, aber wie immer versuchte sie mich abzulenken. »Wochenende, Baby! Endlich. Ich kann es kaum erwarten morgen auszuschlafen, ohne vom Geklimper meines Weckers geweckt zu werden. Wir sind Sklaven der Zeit, auf Ewigkeit dazu verdammt unser Leben nach Terminen zu richten. Es ist zum Heulen.«
Ihre Worte brachten mich zum Schmunzeln, bevor ich meinen Senf dazu abgab. »Amen, Schwester! Ich möchte deine Freude ja nicht bremsen, aber am Wochenende steht wieder ein Lernmarathon an. Das ist dir doch klar? Wenn ich an die Prüfungen denke, wird mir schon jetzt übel.«
Nicht, dass ich schlecht in der Schule war, aber Prüfungssituationen bedeuteten für mich vor allem eines: psychischer Stress.
»Wollen wir bei dir oder mir lernen?«, fragte mich Bianca.
Meine Gedanken wanderten zu Großmutter, die seit ihrer letzten Lungenentzündung noch immer schwach war. »Wäre es für dich okay, wenn du morgen Nachmittag zu mir kommst?«
»Klar, gerne. Bin immer bereit, wenn du für Schandtaten zu haben bist.«
Bianca hüpfte über eine Pfütze, wobei sie mir fast den Arm auskugelt hätte, wenn ich nicht schnell hinter ihr hergehastet wäre. Trotzdem musste ich lachen und sofort fühlte ich mich wieder besser. Diese Wirkung hatte sie schon immer auf mich. Sie war nicht ohne Grund seit dem dritten Jahr Kindergarten meine beste Freundin, nachdem ihre Eltern nach Stockerau umgezogen waren. Wir hatten uns angefreundet, als sie beim Laufen hingefallen war und sich ihr Knie angeschlagen hatte. Zu dieser Zeit war ich in einer Phase, in der ich ständig Krankenschwester spielte. Ich schreckte zum Beispiel nicht davor zurück, meinen Teddybären mit einem Kopfverband und mehreren Pflastern zu verschönern. Deswegen waren auch an diesem Tag mehrere bunte Pflaster in meinem Kinderrucksack gewesen. Bevor Bianca hatte anfangen können zu weinen, hatte ich ihr eines auf ihr Knie geklebt. Dabei hatte ich darauf geachtet ein blaues Pflaster zu verwenden, passend zu ihrer dicken Strumpfhose, die sie unter dem Kleidchen trug. Nach getaner Arbeit betrachtete ich stolz mein Werk und grinste sie an: »Siehst du, das Pflaster passt zu deiner Strumpfhose.«
Neugierig hatte sie auf ihr Knie geblickt, aber dann skeptisch zu mir hochgesehen: »Meine Strumpfhose ist aber lila. Hast du auch ein rosa Pflaster?«
Sofort hatte ich mich gebückt, in meinem Rucksack herumgewühlt und schließlich alle Pflaster neben uns auf dem Boden verstreut. Das ganze endete damit, dass Bianca fünf verschiedene Pflaster auf dem Knie hatte und wir von da an immer alles gemeinsam machten.
Wir plauderten noch ein wenig und kamen kurz darauf an der Bushaltestelle an, die bereits von unzähligen Schülern bevölkert wurde. Bianca drückte mir zum Abschied mit den Worten »Ich ruf dich heute Abend an« einen Kuss auf die Wange und verschwand in dem nächsten Bus, der um die Ecke bog. Danach machte ich mich ebenfalls auf den Nachhauseweg. Aber zu Fuß, da wir nur zwei Querstraßen weiter in einer kleinen Wohnung im vierten Stock wohnten. Bei jedem Schritt, den ich tat, begleitete mich ein flaues Gefühl.

***

Als ich in die Wohnung trat, spürte ich sofort, dass etwas anders war. Normalerweise hatte Großmutter immer schon für uns gekocht oder etwas zu Essen bestellt, wenn ich nach Hause kam. Aber heute hörte ich keinen Mucks und es lag auch kein Essensgeruch in der Luft. Gerade als ich in die Küche treten wollte, läutete mein Handy mit der bekannten One-Republic-Melodie, die ich nur für eine Person reserviert hatte. Ich hob ab, um Nathans Stimme zu hören, der sofort hastig auf mich einredete … – im nächsten Moment fiel mein Schlüssel klirrend zu Boden.

.

Zurück zu Kapitel 1 – 1.2 Johnny »»
Weiter zu Kapitel 1 – 1.4 Johnny »»

 

21 Gedanken zu „[The Road to Hallelujah] Kapitel 1 – 1.3 Sarah

      • Also ich mach es immer so, dass ich das wirklich nur Leuten zum Lesen gebe, denen ich vertraue und die mir hochheilig versprechen es niemanden weiter zu geben.
        Bzw. gibt es Leser, die mir gleich Hilfestellung geben und sagen, ein Kapitel ist scheiße oder eine Richtung gehört geändert.. oder es gibt die Beta-Leser, die das Werk später, wenn es komplett fertig ist zum Fehler-Korrigieren bekommen. Welche Gruppe würde dich denn interessieren? Bzw. bei welcher Geschichte?

      • Also mir gefallen alle deine Geschichten sehr gut. Wie du magst, ich bin da offen für alles. Da die Texte dir gehören brauchst du keine Sorge haben, dass ich das unrechtmäßig weitergebe. Das verspreche ich dir. Das ist dein geistiges Eigentum, ich würde das ja auch nicht wollen.

      • Okay, danke für deine Worte… aber muss da immer darauf hinweisen, ist ja heutzutage gefährlich und will nur vorsichtig sein.

        Also wie gesagt, mir ist es auch total egal.
        Glasgow Rain ist soweit eigentlich komplett fertig und bräuchte nur noch Rechtschreibkorrektur, wenn noch welche zu finden sind.

        Bei Essenz der Götter stecke ich bei der Hälfte fest und dort kann man aber auch schon langsam anfangen Korrektur zu lesen/ Rechtschreibfehler zu finden.

        Road to Hallelujah ist komplett am Anfang. Dort befinde ich mich erst mitten in Kapitel 3 und werde auch noch nicht weit kommen in den nächsten Wochen, wegen urlaub. Aber hier könnte man noch ‚mitreden‘ und auch Szenenvorschläge machen.

      • Wenn du magst kann ich ja beide Geschichten, die so weit sind, auch mal Korrektur lesen und bei der dritten eventuell ein wenig helfen? Ich will dir aber nirgendwo reinreden. Ich weiß ja nicht wie der Plot so geplant ist, daher denke ich nicht, dass ich da so ne Hilfe wäre. Aber korrigieren kann ich. 😀

        Das ist für mich Ehrensache so was nicht weiterzugeben. Wie soll ich etwas weitergeben können, dass mir nicht gehört? Ich verstehe generell nicht wie man das machen kann. Scheiße so was… -.-

      • Oh supi, das wäre toll. Da ich ja ab nächster Woche weg bin, kann ich dir bei Hallelujah nicht mehr viel schicken, da schick ich dir gleich jetzt mal, was ich bisher habe… und dort kannst du sowohl deine Meinung sagen, wenn etwas sch*** ist oder wenn du was nicht verstehst, was die Charas angeht, aber auch Fehler schon korrigieren, wenn es dir auffählt.

        Glasgow Rain wäre mir eigentlich auch ganz recht, wenn man da nochmal drüber geht und Fehler sucht. Dann schick mir bitte deine Mail Adresse an—– DANKE

      • Habe dir eine Email geschickt. =)
        Gerne. Ich danke dir, dass ich das machen darf *freu*

      • Ich habe sogar schon geantwortet und ich danke dir für deine Hilfe. Ist ja auch viel Zeit, die du da für’s lesen her gibst. Daher – vielen LIEBEN DANK!!

      • Ich habe Semesterferien und würde gerne später mal als Lektorin arbeiten, daher danke dir 😉 habe die ersten drei Kapitel erhalten. Kannst mir ruhig den Rest auch schicken. Nach meiner Hausarbeit werde ich es lesen =)

      • Echt, du willst Lektorin werden, ist ja toll 🙂 Hatte ich mir auch mal überlegt… aber hier in Österreich istd as ziemlich untypisch… gibt nicht so richtige Ausbildungen oder gute Verlage dafür.
        Das ist doch toll – Ich schreibe für dich und du lektorierst für mich 😀
        Danke

      • Hihi =) Dann kann ich schon mal übern 😀
        Ja, ich will es auf jeden Fall versuchen. So eine richtig Ausbildung gibt es hier auch nicht, aber durch mein Germanistik-Studium kann ich das machen, gesetz dem Fall, ich bekomme eine Stelle. Das ist natürlich gar nicht so einfach. Aber ich werde es probieren =)

      • genau… haben wir beide was davon 😉
        Und ich habe gleich eine Lektorin gefunden, falls du es dann schaffen solltest! *hehe*
        Sehr gut! Drück dir die Daumen, dass es klappt… kenne das mit persönlichen Träumen 🙂

      • Danke :3
        Wie gesagt, die anderen beiden Geschichten kannst du mir, wenn du das willst, auch direkt schicken. Habe sie auf meiner Externen Festplatte verstaut. Geschützt vor neugierigen Blicken 😀

      • okay, supi – freut mich sehr. Sorry, dass ich jetzt erst wieder antworte, aber übers WE hatten wir bei Verwandten Hochzeit in Kärnten.. huch, und jetzt bin ich müde, aber wieder zuhause und nun heißt es packen für Amerika… stressig, aber hoffentlich bald schön 😀
        Schick dir dann morgen wieder was. Vielen Dank!

      • Oh, wars denn schön? =) Ich liebe Hochzeiten. Klar, mach das. Bald ist meine Hausarbeit fertig, dann werde ich das brav lesen. 🙂 Ich freu mich.

      • ja, war ganz nett, aber auch laaange. Und dann nächsten Tag drei 1/2 Stunden mit dem Auto unterwegs, das ist etwas zäh 😉
        Hast dann auch genügend Zeit, wenn ich 2 1/2 Wochen weg bin 😀

      • Ja, okay. So lange fahren ist echt unangenehm.
        Die werde ich haben. Meiner Hausarbeit fehlt nur noch ein Teil des Hauptteils, sowie Einleitung und Schluss. Fünf Seiten bis zum Ziel, dann lege ich mit deinen Geschichten los.:)

      • Und? Hattest schon Zeit hinein zu lesen in die Rohfassungen? Besonders würde mich deine Meinung zu ‚Essenz der Götter‘ interessieren, weil ich plane dort jetzt wieder weiter zu arbeiten. Danke
        LG Tina

Schreibt mir doch etwas - ich würde mich riesig freuen! :)